Keine Panik, es ist nur China

Keine Panik, es ist nur China

KCATC

Reisen in (Festland) China kann herausfordernd sein. China ist Asien für Fortgeschrittene. Unserer Lonelyplanet gab uns den Tipp, wir sollten China wie ein Abenteuer behandeln, nicht wie einen Urlaub. Wir dachten uns “hey, das tun wir doch mit allen unsern Reisen, was kann schon so anders sein?” Die Antwort: vieles. Wir haben unsere  Erfahrungen zu diesen Überlebenstipis verarbeitet, um Euch die Reise durch das Land der Mitte etwas zu erleichtern.

 

Bleibt flexibel

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Die Herausforderung China beginnt schon vor der eigentlichen Reisen, nämlich mit den Visa-Formalitäten. Wir mussten mit unserem Antrag einen detaillierten Reiseplan einreichen, inklusive aller Buchungsbestätigungen für Hotels und Transport.

Natürlich haben wir uns letztlich nicht an diesen Plan gehalten. Was auch grundsätzlich kein Problem darstellt, nach Visa-Erteilung interessiert sich da keiner mehr für. Es gibt tausend Gründe, die einen dazu bewegen können, von den Plänen abzuweichen. Mist Wetter, Tipps von anderen Reisenden unterwegs, was man auf keinen Fall verpassen dürfe oder was definitiv keinen Besuch wert ist… Zum Glück hatten wir sämtliche Hotels mit Stornierungsoption gebucht. Also alles paletti.

Wir hatten aber auch Zugtickets im Voraus gebucht, über eine Agentur, und diese zu stornieren stellte sich als etwas umständlicher heraus. Auf die Agentur hätten wir auch verzichten können, Zugtickets zu kaufen gehört zu den einfacheren Dingen in China. Alle Hostels und Hotels haben Buchungsservices, es gibt in jeder Stadt haufenweise kleine Verkaufsstellen und am günstigsten ist es (weil keine Kommission fällig ist) am Bahnhof selbst. Das wussten wir vorher aber ja nicht.

Zugtickets zu stornieren ist dagegen nicht so leicht. Dies kann man NUR am Bahnhof, und muss dafür persönlich vorsprechen und seinen Pass im Original vorzeigen. Dann gibts auch problemlos Geld zurück, manchmal fällt eine kleine Gebühr an, je nachdem wie knapp vor Abreise storniert wird.

Um die Dinge weiter zu verkomplizieren kann man keine weiteren Tickets für eine andere Reiseroute am selben Tag kaufen, für den man bereits Tickets zu einem anderen Ziel besitzt. Das heißt, erst stornieren, dann neue Tickets kaufen, nicht anders herum. Wir wollten in Shanghai an einem der kleinen Schalter, der in der Nähe unseres Hotels stand, Tickets nach Guilin kaufen.Die Dame nahm unseren Pass entgegen (ohne läuft das nicht), blickte in ihren Computer und teilte uns mit, sie könne uns leider keine Tickets verkaufen. Zum Glück sprach sie ein bißchen Englisch und konnte uns die Lage erklären, dass wir also erst zum Bahnhof müssten um unsere alten Tickets dort zu stornieren, denn das könne sie nicht tun. Wir mussten also eine elendig lange Reise mit der U-Bahn zum nächsten Bahnhof antreten.

Unsere internationalen Zugtickets von Nanning nach Hanoi haben wir vergeblich versucht zu stornieren. Wir wurden im Bahnhof Guangzhou auf eine fast schon bizarr anmutende Odyssee von einem Schalter zum nächsten geschickt (kennt Ihr noch Passierschein A38 von Asterix und Obelix? So in etwa war das). Und letztlich hieß es dann, “sorry, we cannot do that” (“that” war der Zettel mit unserer Bitte auf Kantonesisch, den eine Hotelmitarbeiterin uns freundlicherweise mitgegeben hat, siehe auch unten, Sprachbarriere). Nun, die Tickets sahen auch anders aus als die Chinesischen, wie mit einer Schreibmaschine erstellt und die Informationen standen auf Deutsch und Russisch drauf. Naja, nicht weiter tragisch, wir nahmen ja den Bus nach Hongkong und mussten also keine neuen Zugtickets für den gleichen Tag kaufen. Finanziell hielt der Schaden sich auch in Grenzen.

Noch ein kleiner aber wichtiger Hinweis: Kauft keine Tickets für Stehplätze. Freunde aus Finnland, die wir unterwegs kennenlernten, haben auf solchen Tickets eine 12stündige Nachtfahrt mitgemacht, Ihr könnt hier nachlesen, wie sich das anfühlt (Englisch und Finnisch).

 

Habt Euren Pass griffbereit – immer

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Es gibt eine Menge Gelegenheiten in China, bei denen man seinen Pass vorzeigen muss. Nicht nur um Zugtickets zu kaufen oder zu stornieren, auch wenn man im Hotel eincheckt, da die Hotels ihre ausländischen Gäste bei den lokalen Behörden registrieren müssen (wenn man nicht in Hotels bleibt, sondern privat unterkommt, ist der Gastgeber übrigens dafür verantwortlich). Man bekommt aber keine formale Bestätigung darüber wie in Russland.

Des Weiteren braucht man seinen Pass um eine SIM Karte zu kaufen, den Bahnhof zu betreten, oder den Wartebereich für seinen Zug, und natürlich die jederzeit und überall mögliche Polizeikontrolle. Wir hatten nicht das Vergnügen einer solchen, aber hatten gelesen, dass es besser ist, man hat seinen Ausweis im Original dabei. Wer sich sicherer fühlt, kann Kopien im Hotelsafe lassen.

 

Zensur und Entdeckung der Langsamkeit: Internet in China

Du hast bestimmt schon von Chinas “Great Wall” Politik gehört. Kein Facebook, kein Instagram, kein Google. Das heißt, auch Google maps entfällt zum Navigieren. Um die 30.000 chinesische Beamten scannen täglich das Internet nach Inhalten, die den “Landfrieden stören” könnten, und blocken dann die entsprechenden Seiten. Es gibt eine Möglichkeit schon außerhalb Chinas zu prüfen, ob eine Seite in China aufrufbar ist, siehe hier.

Man kann die “Great Wall” umgehen und auch geblockte Seiten innerhalb Chinas nutzen, indem man eine VPN-Verbindung auf seinem Handy oder Laptop einrichtet. Sucht im Internet (Bing China funktioniert in China) oder im App Store einfach danach. Interessanterweise kann man diese Programme auch innerhalb Chinas finden und installieren. Es gibt verschiedene Anbieter, manche kostenlos und manche nehmen Geld, und hin und wieder wird einer entdeckt und gesperrt, daher sollte man einfach ein paar verschiedene ausprobieren.

Womit man sich aber arrangieren muss ist die unendliche Langsamkeit der Verbindungen. Manche Seiten lassen sich schnell laden, wenn sie aus China kommen, aber sobald man etwas von außerhalb aufrufen will, fühlt man sich in die Prä-DSL-Ära zurück versetzt. Wir hatten download Raten von vier (4!!!) Kilobyte die Sekunde. VPN macht natürlich alles noch viel langsamer.

Daher ist man generell gut beraten, den Internetentzug zu proben und seine Abhängigkeit zu reduzieren. Wir haben zum Beispiel das Offline Kartenprogramm MAPS.ME zum Navigieren genutzt, das in vielen Situationen hilfreich war.

 

Englisch-freie Zonen: finde kreative Wege um die Sprachbarriere

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Sehr wahrscheinlich werdet ihr irgendwo landen, wo kein Englisch gesprochen wird. Sogar in großen Städten wir Peking oder Shanghai waren wir überrascht, wie wenig man mit Englisch weiter kommt.

Um uns das Leben zu erleichtern haben wir verschiedene Kommunikationshilfsmittel genutzt. Wir haben zum Beispiel Bilder von bilingualen Karten in Restaurants gemacht, wenn wir welche fanden, oder Bilder aus dem Internet runtergelassen (beziehungsweise Bildschirmfotos mit dem Handy geschossen, wenn die Verbindung mal wieder zu lahm war) und uns von Einheimischen, die Englisch sprachen, nützliche Phrasen und Wörter aufschreiben lassen.

Am Besten haben Bilder funktioniert, da in China auch die unterschiedlichen Dialekte in den verschiedenen Regionen die Kommunikation selbst zwischen Chinesen erschweren (unsere Phrasen auf Mandarin nutzen nicht viel, wenn wir nur auf Kantonesisch sprechende Chinesen treffen).

Übersetzungsprogramme sind vor allem gut, um das Eis zu brechen und herzhaft zu lachen. Wir hatten sehr seltsame Ergebnisse von Chinesen, die mit Hilfe ihres Handys so versuchten mit uns zu sprechen.

 

Straßenverkehr: Nicht gucken, nicht nachdenken, einfach laufen

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Die Verkehrslage gehört zu den Dingen, die mich in China am meisten gestresst hat. Aber es herrscht keine Anarchie, es gibt tatsächlich ein paar Regeln, die wir beobachtet haben:

  • Autos gewähren Bussen und größeren Fahrzeugen Vorfahrt
  • Roller gewähren Autos Vorfahrt
  • Fahrräder gewähren Rollern Vorfahrt
  • Fußgänger gewähren allen Vorfahrt.

Roller scheinen sich insgesamt in einem rechtsfreien Raum zu bewegen. Sie fahren über rote Ampeln, verkehrt in Einbahnstraßen, auf der linken und rechten Spur in beide Richtungen, auf  Fußgängerwegen, einfach überall. Da sie häufig elektrisch angetrieben sind, muss man auf sie besonders Acht geben. Aber keine Sorge, sie hupen und machen so auf sich Aufmerksam.

Als Fußgänger muss man einfach nur aufpassen, allen anderen rechtzeitig aus dem Weg zu gehen, und man hat keine Probleme. Hört sich jetzt schlimmer an, als es tatsächlich ist.

 

Habe kein Problem, im Mittelpunkt zu stehen

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Als Westler ist man gewissermaßen eine Attraktion in China. In einigen Orten mehr als in anderen. Aber wenn man als Frau, die für europäische Verhältnisse schon groß ist, nach China reist, sollte man sich schon mal mental darauf einstellen, eine Art Zirkusattraktion zu sein. Wir waren ja schon in anderen asiatischen Ländern unterwegs, in Japan, Korea und Thailand, und von daher gewohnt, Aufmerksamkeit zu erregen. Aber nirgendwo sonst wurde ich so unverblümt und geradezu dreist angestarrt wie in China. Die Leute blieben teilweise auf der Straße stehen um ein Handyfoto von mir zu schießen!

Ich habe verschiedene Strategien entwickelt, damit umzugehen. Wenn die Leute nett schienen, mich anlächelten und vielleicht irgendwie auf Chinesisch erstaunen ausdrückten, habe ich einfach zurück gelächelt und vielleicht irgendwas auf Englisch erwidert. Aber wenn sie einfach nur unhöflich starrten und keinen Kontakt irgendeiner Form versuchten aufzunehmen, habe ich zurückgestarrt. Meist schauten sie irgendwann dann weg. Letztendlich habe ich es oft auch einfach ausgeblendet, und gar nicht mehr mitbekommen. Oft genug hat Henry mich gefragt, “Hast Du das gar nicht gesehen, wie die Dich schon wieder angestarrt haben?” und ich hatte es tatsächlich gar nicht mehr gemerkt.

 

Früh aufstehen und den Massen zu entgehen

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Chinesischer Tourismus in Kürze: es ist überfüllt, man wartet Ewigkeiten in irgendwelchen Schlangen und muss höllisch aufpassen, nicht mit einem Selfie-Stick versehentlich erschlagen zu werden.Wir machten den Fehler, die Verbotene Stadt in Peking um die Mittagszeit zu besuchen und konnten dieses Klischee aus erster Hand miterleben.

Man kann die Menschenmassen umgehen, indem man sehr früh, sehr spät oder bei schlechtem Wetter los zieht. Oder aber man recherchiert ein wenig und sucht die wenigen verlassenen Orte. Die sind aber häufig mit komplizierterer oder längerer Anreise und / oder höheren Kosten verbunden. Wir besuchen die Chinesische Mauer beispielsweise in Jinshanling, eine ziemlich lange Busfahrt von Peking entfernt. Aber das war es absolut wert, fast keine Menschenseele weit und breit hatten wir die Mauer fast für uns allein.

Man kann den Massen auch nicht immer entkommen. Es gibt Orte, die sind einfach IMMER voll, wie die Terrakotta-Armee. Dann heißt es, sich anzupassen: Besorgt Euch einen Selfie-Stick zur Selbstverteidigung und ringt um die guten Plätze in den vorderen Reihen.

 

Und zu guter letzt: Genießt es, insbesondere die skurrilen Dinge, über die Ihr stolpern werdet…

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