Templestay: Drei Tage im Buddhistischen Tempel

Templestay: Drei Tage im Buddhistischen Tempel

 

Koreanische Tempel erlauben Besuchern, die am sogenannten „Tempelstay-Programm“ teilnehmen, einen Einblick in das Leben von buddhistischen Mönchen. Normalerweise verbringt man zwei Tage und eine Nacht im Tempel, manche Tempel ermöglichen einen längeren Aufenthalt, wonach wir suchten.

Ich glaube nicht, dass man in den circa 22 Stunden des regulären Programms einen richtigen Eindruck bekommen kann. Außerdem konnten wir beide durchaus eine kleine Pause vom Reisestress gebrauchen. Nachdem ich einige Tempel und ihre Programme recherchiert hatte, entschieden wir uns für Naesosa im Byeonsan Bando Nationalpark in der westlich gelegenen Jeollabuk-Provinz. Drei Tage lang wollten wir am „resting-Program“ des Tempels teilnehmen, was bedeutete, dass es außer den Mahlzeiten sowie den morgendlichen und abendlichen buddhistischen Zeremonien keine planmäßigen Punkte auf unserer täglichen Agenda gab.

Wir kamen gegen drei Uhr nachmittags an und wurden direkt mit unseren Gemächern bekannt gemacht, die aus zwei vollständig leeren Zimmern sowie einem eigenen Bad bestanden. Die Betten bestanden aus traditionellen koreanischen Steppdecken und Decken, vergleichbar mit japanischen Futons. Der Fußboden war beheizt, zumindest würden wir also nicht frieren. Wir bekamen auch unsere Uniformen ausgehändigt: weite, graue Hosen und ein orange-farbenes T-Shirt. An der Wand fanden wir eine Notiz mit dem Ablauf unserer nächsten Tage:

Zeitplan

4:20 Morgen-Zeremonie
6:10 Frühstück
11:40 Mittagessen
17:40 Abendessen
18:30 Abend-Zeremonie
21:00 Licht aus

Als nächstes lernten wir Won Jeon kennen, ein Mönch, der sich die nächsten Tage um uns kümmern würde. Er brachte uns die Umgangsformen im Tempel bei: Auf dem Tempelgelände nicht rennen, sondern bedächtig gehen, kein lautes Rufen und Schreien sowie nicht singen. Triffst Du einen Mönch, so grüße ihn mit dem „Hapjang“, indem Du die Handflächen aneinander legst und eine halbe Verbeugung machst. Diese Geste wird vom Mönch erwidert und symbolisiert, dass Du und dein Gegenüber in einer Wahrheit vereint seid. Alkohl, Fisch oder Fleich sowie Rauchen sind strengstens verboten auf dem Tempelgelände. Wenn die die Buddha-Halle betrittst, grüße die Buddha-Statuen ebenfalls mit dem „Hapjang“ und mache drei volle Verbeugungen auf dem Boden (setzte dich im Fersensitz auf den Boden, platziere Deine Handflächen vor Dir auf dem Boden, berühre dann mit der Stirn den Boden, hebe Deine Handflächen nach oben neben Deine Ohren und stehe wieder auf). Sei stets pünktlich zum Essen wie zu den Zeremonien und nehme beim Essen nie mehr als Du auch aufessen wirst – esse also Deinen Teller immer leer.

Wir sahen also zu, dass wir pünktlich zu unserem ersten Abendessen aufschlugen. Es gab ein Buffet mit Reis, verschiedenen Gemüse, Kimchi (traditioneller Koreanischer fermentierter Kohl, so ähnlich wie Sauerkraut, aber in scharf), Suppe und Früchte, alles lokal und ohne Zusatzstoffe zubereitet. Da wir wussten, dass wir alles was wir nehmen, auch aufessen müssen, aber von den meisten Dingen keine Ahnung hatten, was es war und erst recht nicht wie es schmecken würde, nahmen wir wenig. In unseren Gemächern hatten wir weitere Notizen mit Regelwerken gefunden, von denen eine besagte, über das Essen, seine Qualität und Geschmack, sei zu schweigen. Dabei bleiben wir.

 

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The Dharma Hall at Naesosa

 

Die große Tempeltrommel rief uns nach dem Essen zur Abendzeremonie. Won Jeon führte uns in die große Buddha-Halle, außer uns waren keine anderen Mönche oder Gäste zugegen. Won Jeon begann zu singen und dabei eine kleine hölzerne Trommel zu schlagen. Wir folgten dabei sorgfältig seiner Choreografie aus vollen und halben Verbeugungen. Die ganze Zeremonie dauerte ungefähr 20 Minuten. Anschließend lud Won Jeon uns auf eine Teezeremonie ein. Wir saßen auf Kissen auf dem Boden während Won Jeon einen Tee aus Maulbeerblättern zubereitete und uns über die Koreanisch-Buddhistische Weise des Teegenusses aufklärte. Demnach sind alle fünf Sinne an der Teezeremonie beteiligt: Du hörst das Wasser kochen, siehst die Färbung des Wassers und riechst das Aroma des Tees. Mit Deinen Händen fühlst Du die Wärme der Tasse und genießt letztlich den Geschmack. Der Maulbeerblätter-Tee schmeckte weich und mild, ich werde definitiv zu Hause danach Ausschau halten. Won Jeon lehrte uns auch die koreanische Weise zu meditieren. Gegen acht Uhr waren wir zurück in unserem Zimmer und gingen auch direkt ins Bett, nicht ohne zuvor noch unseren Wecker noch auf vier Uhr morgens zu stellen.

So früh aufzustehen war schon hart, vor allem da wir auch nicht sonderlich gut geschlafen hatten auf dem harten Boden. Wir zogen schnell unsere Tempeluniform über und schlafwandelten in die Buddha-Halle. Diesmal waren wir nicht alleine, zwei andere Mönche warteten bereits. Die Choreografie der Morgen-Zeremonie war wie die am Abend zuvor, aber der Text des Gesangs variierte etwas. Nicht, dass wir was verstehen konnten, aber wir hatten vorab englische Transkriptionen des Gesangs an die Hand bekommen. Nach der Zeremonie fielen wir direkt zurück auf den Boden ins Bett und schliefen bis 5 Uhr 30, als unser Wecker zum zweiten Mal klingelte. Frühstück war wie Abendessen, mit leichten Variationen. Es wurde wirklich gar nichts weggeworfen, alles was vom letzten Essen übrig geblieben war, fand sich auf diesem Buffet wieder. Eine sehr vernünftige Sache, überall auf der Welt wird sonst viel zu viel Essen weggeworfen. Nach dem Frühstück gings erstmal wieder schlafen. Ja klar, sicher nicht schlau, wenn man sich einen neuen Tagesablauf angewöhnen will, aber wir waren einfach zu müde.

 

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Great hiking terrain: View on Naesosa from the mountains

 

Mittag war wie die Mahlzeiten zuvor: Reis, Gemüse, Übrigbleibsel von vorher, Früchte. Am Nachmittag fühlten wir uns endlich fit genug, um was zu unternehmen, und gingen zum Wandern in die umliegenden Berge. Ein Schild am Beginn des Wanderweges wies uns darauf hin, dass der Weg von mittelmäßigem Schwierigkeitsgrad sei („intermediate“), wir stellten uns also auf einen recht lockeren Spaziergang mit vielleicht dem einen oder anderen etwas anstrengenderem Aufstieg ein. Pustekuchen. Was wirklich auf uns wartete, war vermutlich die anstrengendste Wanderung seit Beginn unserer Reise, inklusive dem Tongariro Nationalpark in Neuseeland. Wir stiegen 350 Höhenmeter in 1,2 Kilometern hinauf, kein Wunder, dass wir zum Abendessen echt hungrig erschienen. Nach der Abendzeremonie stießen zwei weitere Reisende zu uns, und wir hatten zu viert eine weitere Maulbeerblatt-Tee-Zeremonie mit Won Jeon.

Am folgenden Tag hatten wir dann zur Abwechslung mal „richtiges“ Programm: Wir bastelten unsere eigenen Lotus-Laternern nach dem Frühstück, am Nachmittag fuhr Won Jeon uns alle zu einem weiteren Tempel, Seonunsa, der so etwas wie der übergeordnete Haupttempel für Naesosa und einige andere. Nach dem Ausflug unternahm ich nochmal eine Wanderung den Berg hinauf, um ein paar Blicke auf unsere Tempelanlange bei Sonnenschein zu erhaschen. Abends führte Won Jeon uns seine Künste an der Tempeltrommel vor (er ist wirklich gut, und könnte locker als Drummer in einer Heavy Metal Band einsteigen…) und wir alle durften uns an der großen Tempelglocke ausprobieren.

 

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The big temple drum of Naesosa

 

Als es am nächsten Tag Zeit war zu gehen, war ich doch etwas traurig. Wir hatten uns doch an das Tempelleben und seine Zeiten gewöhnt, und wussten das langsamere Leben durchaus zu schätzen. Won Jeon war ein großartiger Lehrer des Buddhismus und Gastgeber. Das Tempelstay-Programm bietet einen Einblick in eine andere Welt als das moderne, hochtechnologisierte Korea und sollte bei keiner Reise durch das Land fehlen.

 

Einige Bilder:

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