Wandern in Hongkong oder: China für Anfänger

Wandern in Hongkong oder: China für Anfänger

 

Unserer Erfahrung nach ist es am besten, Hongkong erst am Ende einer China-Reise zu besuchen. Andersherum ist der Kulturschock einfach zu groß. Hongkong ist China, aber völlig anders. Muss der Britische Einfluss sein. Alles ist leichter. Angefangen bei der Sprache, überall wird Englisch gesprochen, und zwar ziemlich gut. Auch Straßenschilder, Busse, U-Bahnhöfe, Karten in Restaurants, alles ist auch auf Englisch beschriftet.

Der nächste bemerkenswerte Unterschied ist der Verkehr auf den Straßen. Wir sind mit dem Bus aus Kaiping direkt nach Hongkong gefahren, und das Erste, was uns auf der anderen Seite der Grenze auffiel, war die Ruhe. Verglichen mit dem, was wir gewohnt waren, zumindest. Kein Rumgehupe! Als wir von der Bushaltestelle zur Unterkunft liefen  mussten wir nicht an jeder Kreuzung Angst haben, von Rollern angefahren zu werden. Es gab nämlich keine. Etwas weiter ist uns dann aufgefallen, dass keiner auf die Straße spuckte.Das ist uns in China massiv auf die Nerven gegangen, überall wurde rumgerotzt. Nur eine Sache war wie gewohnt: Es war voller Menschen. Vielleicht sogar noch voller, als an allen anderen Orten, die wir besucht haben.

Wenn ich Hongkong kurz zusammenfassen sollte, würde ich sagen, es ist wie Busan. Die Stadt hat so viele Überraschungen zu bieten, Dinge, die man auf den ersten Blick nicht vermuten würde. Strände, historische Stätten, Hügel mit Aussicht, Wälder und großartige Wanderwege. Es ist unglaublich, innerhalb einer Stunde gelangt man mit U-Bahn und Fähre aus dem völlig überfüllten Mong Kok (der am dichtesten besiedelte Ort der Welt) zu abgeschiedenen Stränden oder in einsame Wälder.

Und genau das haben wir die meiste Zeit der Woche, die wir in Hongkong verbrachten, getan. Wir nahmen uns zwei Tage um die wichtigsten Must Sees im Zentrum von Kowloon und Hong Kong Island abzuarbeiten: Auf der Tsim Sha Tsui Promenade spazieren gehen und die Skyline bewundern, mit der alten Tram den Victoria Hügel hinauf fahren und das berühmte Bild von Hongkongs Hochhäusern schießen (Tip am Rande: lasst die alte Tram weg, wir standen eine Stunde wie Vieh zusammengepfercht in einer Schlange für eine kurze und teure Fahrt ohne nennenswerte Sicht – besser man läuft oder nimmt den Bus) und einfach durch die Hochhäuserschluchten spazieren.

 

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Aber am besten wird man der Stadt gerecht, wenn man seine Wanderschuhe anzieht, und das Große Ganze aus einiger Entfernung bewundert, vorzugsweise aus einiger Höhe. Es gibt einige fantastische Wanderwege in Hongkong, von langen mehrtägigen Wanderungen über 50 bis 100 Kilometer bis zu kurzen Tagesausflügen ist alles möglich. Wir trafen diese Auswahl:

 

Auf dem Drachenrücken

Dieser Weg ist ein Abschnitt des Hong Kong Langstreckenwanderwegs und ziemlich beliebt, daher kann es gelegentlich lebhaft zugehen. Wir liefen von der Chai Wan U-Bahnstation aus zum Startpunkt des Weges. Dies ist die anstrengende Variante, man muss einen steilen Friedhof hinauf klettern, 250 Stufen insgesamt. Aber das ist es Wert, die Aussicht vom Friedhof auf die Stadt allein ist schon großartig.

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Wir liefen den sogenannten Drachenrücken in Richtung Shek O’ Strand, was unserer Erfahrung nach die “Minderheitenrichtung” zu sein scheint. Uns kamen eine Menge Wanderer entgegen, die in die entgegengesetzte Richtung unterwegs waren. Die erste Hälfte war unser Weg schattig und angenehm, flach, aber leider auch ohne nennenswerte Aussichten. Nachdem wir es aber den Bergkamm, den eigentlichen Drachenrücken erklommen hatten (ein paar Stufen mehr, aber nicht viel anstrengender als der Anstieg auf dem Friedhof), schweifte der Blick über Inseln, Hochhausgruppen und Hügel – einfach atemberaubend, selbst bei wolkigem Himmel.

 

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Nach dem kurzen und schmerzlosen Abstieg fuhren wir mit dem Bus noch ein Stück weiter zum Shek O’ Strand, ein schöner Ort zum ausspannen nach einer anstrengenden Wanderung.Wir nutzten diese Wegbeschreibung um zum Wanderweg und zurück zu gelangen, die sich als narrensicher bewährte.

 

Die Insel Cheung Chau

Klein aber fein, als eine der Inseln vor Hongkong fühlt sich Chung Hau fast an wie Festland-China. Es gibt keine Hochhäuser, dafür mehr Roller, da Autos auf der Insel nicht erlaubt sind. Aber es ist – trotz Roller – nicht annähernd so stressig wie in einigen Festland-chinesischen Städten. Das Eiland wartet mit sanften Hügeln, schönen Stränden und leichten Wanderwegen auf, ein Fischerhafen, in denen Millionen kleiner Boote vor sich hin dümpeln rundet das Idyll ab. Cheung Chau ist klein genug, um die Insel innerhalb eines Tages abzulaufen.

 

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Wir liefen zunächst nordwärts, besuchten den kleinen farbenfrohen Tempel Pak Tai und folgten dem beschilderten “Familienweg” zu einem Pavillon auf einem Hügel. Nach Umrundung des Insel-Nordens gönnten wir uns eine Pause in einem Café an der Küste bevor wir die Insel weiter erkundeten. Wir liefen die “Miniatur Chinesische Mauer” entlang, der Name ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen, aber dennoch einen Spaziergang wert.

 

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Fähren nach Cheung Chau fahren vom zentralen Hafen (U-Bahnstation “Central”) regelmäßig, in einer (die normale Fähre) oder einer halben Stunde (die schnelle Fähre, beide wechseln sich ab) ist man da. Preise und Fahrpläne gibts hier.

Wir haben außerdem unseren Spaziergang mit Trails aufgezeichnet:

Lung Yeuk Tau Kulturerbe Pfad

Etwas komplett anderes als das Großstadtleben bietet dieser kurze Wanderweg durch die New Territories. Der Pfad führt durch verschiedene historische ummauerte Siedlungen, die der Tang Clan im 13. und 14. Jahrhundert bauen ließ um seinen Einwohner vor Piraten und marodierenden Banditen zu schützen.

Obwohl wir diese Richtungsbeschreibungen nutzten hatten wir einige Probleme, den Startpunkt zu finden (könnte daran gelegen haben, dass wir nicht wie empfohlen den Bus nahmen, sondern zu Fuß dorthin gingen. Dies führte uns durch ein Industriegebiet, das nicht so aussah als könnte es irgendwo interessante historische Relikte enthalten) und teilweise auch nicht so leicht zu folgen, wir sind ein paar Mal falsch abgebogen. Mit Hilfe von Google Maps, was hier ja glücklicherweise wieder funktioniert, haben wir uns aber im Großen und Ganzen zurecht gefunden. Der Weg an sich ist sehr leicht zu laufen, komplett flach. Wir fühlten uns um einiges in der Zeit zurück gesetzt.

 

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Die Insel Lamma

Lemma ist die beliebteste der Inseln um Hongkong. Wir besuchten sie an einem sonnigen Sonntag und können ihre Beliebtheit bestätigen. Es war belebt. Ziemlich.

Lamma verfügt über zwei Fährhäfen, einen in Yung Shue Wan, einem großen und recht touristisch wirkenden Ort, und einem im eher entspannten und übersichtlichen Sok Kwu Wan, in dem sich Fischrestaurants am Stand aneinanderreihen. Wir starteten unsere Tour über die Insel mit einem Mittagessen hier.

 

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Ein Wanderweg verbindet beide Dörfer miteinander, so dass man die Fähre zum einen Ort nehmen, zum anderen laufen und vom anderen zurück fahren kann. Wir liefen von Sok Kwu Wan nach Yung Shue Wan, was wieder die etwas weniger frequentierte Richtung zu sein schien. Da es wie gesagt Sonntag und das Wetter hervorragend war, erinnerte es dennoch teilweise an eine Völkerwanderung. Lasst Euch nicht von dem Schild in die Irre führen, das Euch was von “Familienwanderweg” erzählt, teilweise sind die Anstiege recht steil. Für kleine Kinder eher nicht geeignet. Ein durchschnittlich fitter Erwachseneren dürfte aber keine Probleme haben. Der Weg führt teilweise die Küste entlang und an einigen Stränden vorbei, die zum Pausieren einladen. Einer der Strände bietet eine extravagante Sicht, er liegt direkt neben einem großen Kraftwerk. Palmen und Natur kann ja jeder…

 

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Wer eher die Einsamkeit sucht, findet sie auch auf Lamma an einem sonnigen Sonntag. Wir empfehlen in diesem Fall den Pfad, der um den südlichen Teil der Insel führt. Bevor wir uns auf den Weg nach Yung Shue Wan machten liefen wir diesen. Wir folgten aber nicht komplett der Küste, sondern bogen links ab zum Ling Lok Shan Gipfel, ein echt harter Anstieg, aber absolut lohnenswert. Wir wurden mit der schönsten Aussicht aller Wanderungen, die wir in Hongkong unternommen hatten belohnt, und zwar mit Abstand. Das perfekte Wetter tat sein Übriges dazu bei, die Sicht war nichts weniger als spektakulär.

 

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Vom Hafen in Central fahren Fähren von Pier vier, Preise und Fahrpläne gibts hier.

Wir haben auch hier unseren Weg aufgezeichnet:

 

Wer jetzt noch nicht genug gesehen hat, für den haben wir hier noch ein paar Bilder ausgewählt:

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