Auge in Auge mit Nordkorea: Die Demilitarisierte Zone

Auge in Auge mit Nordkorea: Die Demilitarisierte Zone

 

Wenn Du auf der Suche nach einer Touri-Tour der etwas anderen Art bist, fahre mit dem Bus in die Demilitarisierte Zone zwischen Nordkorea und Südkorea. Die Demilitarisierte Zone ist ein vier Kilometer breiter Landstrich, der de facto die Grenze zwischen den beiden Ländern bildet.

Lass Dich von ihrem Namen nicht täuschen: Es handelt sich um die am heftigsten militarisierte Grenze weltweit und wurde von unserer Reiseleitung im Bus dramatisch als „gefährlichster Ort der Welt“ angekündigt. Was mich zu der Frage führt, warum dennoch Busse voller Touristen täglich dorthin fahren?

 

„Woher kommen Sie?“

„Aus Deutschland.“

„Glückwunsch zur Wiedervereinigung Ihres Landes!“

So begann mein Gespräch mit dem Mann hinter dem „Interkoreanischen Reise-Informationsschalter“ im Bahnhof Dorasan. Dorasan ist der nördlichste Bahnhof in Südkorea und verband früher den Norden des Landes mit dem Süden. Heute ist er die symbolisierte Hoffnung auf Wiedervereinigung. Schilder weisen den Weg zu den Gleisen nach Pjöngjang, und eine große Karte der Eurasischen Bahnverbindungen hängt an der Wand – eines Tages wird Dorasan Südkorean mit der Transmongolischen und –sibirischen Bahn verbinden und man wird mit dem Zug von Seoul nach Berlin fahren können, so erklärte der Mann am Info-Schalter. Es ist ein tragischer Ort, und die Atmosphäre ist irgendwie traurig. Der Bahnhof sieht makellos sauber aus, wie nie genutzt.

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Dorasan will be the first station to the North, one day. Right now it’s the last station in the South.

 

Der nächste Stopp auf unserer Agenda war der Dora-Aussichtspunkt. Wir sahen zunächst einen Film über den Korea-Krieg, der wie aus der Zeit gefallen war. Mit seiner dramatischen Musik und hektischen Schnitten kam er uns wie ein Werbefilm für die US-Armee vor. Anschließend konnten wir auf einer Aussichtsplattform einen ersten Blick in den Norden risikieren, aus sicherem Abstand durch Ferngläser. Es war ein klarer Tag und wir konnten weit sehen in grüne, weitgehend unberührte Natur.

Anschließend ging es in den „Dritten Infiltrationstunnel“, einer der Tunnel, den die Nordkoreaner für Überraschungsangriffe auf den Süden gruben. Bevor wir dort hinein durften, mussten wir einen weiteren Film sehen, von derselben Art wie der zuvor, dennoch informativ. Vier Tunnel sind bislang bekannt, es wird jedoch vermutet, dass um die 20 existieren. Die US-Armee bohrt regelmäßig den Boden auf, um nach ihnen zu suchen. Wir liefen also ein paar Meter tief in die Erde, durch den Tunnel, was eine ziemlich klaustrophobische Angelegenheit war. Wer größer als 1 Meter 60 ist, muss seinen Kopf einziehen. Ständig. Praktischerweise gabs Schutzhelme am Eingang. Innerhalb des Tunnels war Fotografieren verboten, für das obligatorische Selfie stand oben jedoch eine Attrappe des Endpunktes (zumindest des öffentlich zugänglichen) des Tunnels.

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The mockup end of the publicly accessible Third Infiltration Tunnel. After that point you would cross the Military Demarcation Line. Not a good thing to do.

 

Unser letztes Ziel, und sicherlich das Highlight der Tour, war die sogeannte gemeinsame Sicherheitszone, die Joint Security Area. Hier steht man Auge in Auge mit Nordkorea, wenn auch mit einigermaßen sicherem Abstand. Hier war unser Reiseführer ein Offiziert der US-Armee, „für unsere Sicherheit“ wie es hieß. Fotografieren war nur noch erlaubt, wenn es ausdrücklich genehmigt wurde.

In der gemeinsamen Sicherheitszone stehen zwei große Konferenzgebäude sich direkt gegenüber. Das Gebäude auf der Südseite heißt „Freiheitshaus“, das im Norden „Haus des Friedens“, wie ein Relikt aus dem Kalten Krieg. In der Mitte zwischen den Gebäuden verläuft die Demarkationslinie, die von keiner Seite überschritten werden darf. Dies war mal anders, Nord- und Südkorea nutzten die gesamte Fläche gemeinschaftlich, doch nach einem brutalen Zwischenfall 1976, der als „Axt Mord“ in die Geschichte einging und in dem zwei Menschen getötet wurden, wurde selbst in diesem Gebiet die strikte Trennung eingeführt. Genau auf der Demarkationslinie stehen drei blaue Barracken, die von Norden und Süden durch jeweils einen eigenen Eingang betreten werden können.

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Don’t mess with the guards – taking pictures is ok if you keep your distance.

 

Wir mussten alle unsere Sachen im Bus lassen. Kameras durften wir mitbringen, mussten aber in der Hand gehalten werden, ebenso Handys. Taschen waren strikt verboten. Etwas aus einer Tasche zu kramen hätte von der Gegenseite als Aggression missverstanden werden und die rausgekramte Kamera mit einer Waffe verwechselt werden können – und das muss ja wirklich nicht sein. Wir liefen durch das lichtdurchflutete „Freiheitshaus“ auf eine Art Terrasse. Auf dem Balkon des gegenüberliegenden „Haus des Friedens“ sah ich eine Gruppe Nordkoreanischer Soldaten stehen, und stellte mir die Frage, ob auch dort manchmal Besuchergruppen herumgeführt wurden. Wir hielten nicht an, sondern wurden von unserem Offizier direkt in die mittlere der blauen Barracken geführt, natürlich durch den südlichen Eingang. Wir standen nun verteilt im Konferenzraum, in dem der Waffenstillstand zwischen Norden und Süden ausgehandelt wurde. Unser Offziert wies uns darauf hin, dass die Mikrophone auf den glänzenden Holztischen jedes Wort, das hier gesprochen wird, aufzeichnen. 24 Stunden am Tag. Mit uns im Raum standen zwei bewegungslose Südkoreanischen Soldaten in einer angespannten Kampfpose. Wir wurden angewiesen, nicht direkt vor ihnen entlang zu laufen, und nicht zu versuchen, an dem der beiden vorbeizulaufen, der die Tür in den Norden bewachte. „Lasst es einfach bleiben“, so der Rat unseres Offiziers, und wir waren nicht sonderlich erpicht darauf herauszufinden, was passieren würde, würden wir es versuchen. Aber wir durften Bilder mit ihnen machen, solange wir nicht zu nah an sie heranrückten. Und wir konnten natürlich Bilder von uns machen, wie wir tatsächlich auf Nordkoreanischem Terrrain stehen – innerhalb der Barracken kann die Demarkationslinie überschritten werden, ohne einen internationalen Zwischenfall zu verursachen. Nach der Erläuterung hatten wir fünf Minuten zum Bilder machen, dann gings wieder raus, fein aufgereiht hinter unserem Offizier her. Wir reihten uns auf der Terrasse vor dem „Freiheitshaus“ nebeneinander auf, mit dem Blick in Richtung des „Haus des Friedens“. Die Gruppe Nordkoreanischer Soldaten war verschwunden, vermutlich wussten sie, dass wir nun fünf Minuten Zeit bekamen, um Fotos zu machen. Nur in Richtung Norden. Südkoreanische Gebäude durften wir nicht fotografieren. Auch winken oder andere Gesten in Richtung Norden waren verboten. Nicht dass wir das wollten….

Ich frage mich immer noch, wie dieses Gebiet zu so einer Touristenattraktion werden konnte. Ist es Teil der Strategie im Umgang mit dem Norden, will man ihnen zeigen dass man keine Angst vor ihnen hat? Ist es vielleicht sogar eine kleine Provokation? Oder spielen die Touristen gar eine Rolle als Deeskalierer, um Spannung abzubauen – wenn unschuldige Passanten da sind, ist die Aggressionsschwelle vielleicht höher. Allerdings mussten wir unterschreiben, dass wir niemanden verklagen, sollten wir während der Tour zu Schaden kommen…

 

Noch ein paar Bilder:

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