Padstow nach Bude – ein bißchen was von allem…

Padstow nach Bude – ein bißchen was von allem…

 

Langsam bekome ich ein schlechtes Gewissen beim Busfahren. Aber es regnet. Wieder mal. Und dann wieder nicht. Wir hatten die letzten Tage ein bißchen was von allem: sonnig und warm, wolkig und nebelig, regnerisch und stürmisch.

Nachdem wir Ray verabschiedet haben, der uns drei Tage lang begleitete, nahmen wir übrigen drei die Fähre von Padstow nach Rock, und liefen von dort nach Polzeath. Laut meinem Wanderführer sollte der folgende Streckenabschnitt ziemlich hart werden, also nahmen wir den nächsten Bus nach Port Isaac. Port Isaac ist in England als Heimat von „Doc Martin“ berühmt, ein beliebter aber leicht soziopathischer TV-Arzt. Der Ort ist charmant, viele alte Gebäude, enge Gassen mit Kopfsteinpflaster, aber leider auch ziemlich überrannt von Touristen. Dennoch gibt’s im Ort keine Touristen-Information, also fragten wir in einem Laden, der Fudge verkauft, nach Möglichkeiten, die Nacht hier zu verbringen. Der Verkäufer drückte uns eine Liste mit Telefonnummern von BnBs in die Hand, die wir nacheinander abtelefonierten. Es stellte sich schnell heraus, dass sie entweder ausgebucht oder zu teuer waren.

Wir suchten uns ein Café und diskutierten unsere Möglichkeiten. Von der Kellnerin bekamen wir den Tipp, einen Campingplatz in der Nähe zu besuchen, in Port Gaverne. Wir machten uns also in freudiger Erwartung, eine günstige aber gute („quite nice“ so das Urteil der Kellnerin) Unterkunft gefunden zu haben, auf den Weg. Dort angekommen, wurden wir von einer älteren Dame empfangen, die uns leider mitteilte, keinen Platz mehr für uns zu haben. Der Campingplatz war tatsächlich nur eine kleine Wiese, und gerade groß genug für die 10 Zelte, die sich offenbar vorab angemeldet hatten und am Abend eintrudeln sollten. Ein ausgebuchter Campingplatz – sowas habe ich auch noch nicht erlebt… Sie bot uns aber an, in ihrem Garten hinterm Haus unsere Zelte aufzuschlagen. Nach einer kurzen Inspektion lehnten wir ab und zogen weiter – zu schief der Rasen und außerdem gespickt mit „Tretminen“ ihres Hundes.

Der Bus zu unserem nächsten Ziel sollte erst in einer Stunde fahren, also bestellten wir uns ein Taxi. Ich weiß, das geht eigentlich gar nicht, und müsste mit einer Zwangsverfrachtung mindestens 20 Meilen zurück geahndet werden…. Aber unsere Motivation war nach den Rückschlägen irgendwie im Keller. Der Taxifahrer war nett und erzählte uns die Geschichte des ersten Windparks in England – angeblich wurde er nur gebaut, um ein Kernkraftwerk zu verhindern. Er hatte aber so seine Zweifel, ob die Pläne für ein AKW in Cornwall real waren, oder eher ins Reich der Legenden gehörten…

Apropos Legenden, er brachte uns zu einem Campingplatz nach Tintangel, wo wir uns das Schloss anschauten, in dem angeblich König Arthus geboren wurde.

 

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Weg nach Polzeath

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“Doc Martins” Haus in Port Isaac (aka Portwenn in der TV-Show)

Um wenigstens noch etwas zu laufen, gingen wir auf dem Küstenpfad in die entgegengesetze Richtung, also zurück, um einen Blick auf das Schloss zu werfen. Es war zwar geschlossen, als wir dort waren, aber war in Teilen trotzdem zugänglich.

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Schloss von Tintangel

 

In der Nacht wütete ein starker Sturm über das Land. Da wir unsere Zelte am Rand einer Hecke aufgeschlagen hatten (die den Campingplatz von einer Schafweide trennte), bekamen wir zum Glück nicht viel davon mit.

Am nächsten Morgen statteten wir dem Schloss also einen weiteren Besuch ab. Nach dem „All-day“-Frühstück im Pub – „all day“ heißt offensichtlich nicht, dass es den ganzen Tag über angeboten wird. Sondern, dass es einen ohne Probleme über den ganzen Tag bringt, ohne dass man noch was essen müsste.

Viel ist vom Schloss nicht mehr übrig. Nur einige Mauern. Ich habe ehrlich schon imposantere Ruinen in Großbritannien gesehen. Aber die Sicht von der Klippe, auf der es einst stand, ist schon atemberaubend, und rechtfertigt den Eintrittspreis. Henry und ich nutzten die Gelegenheit, eine Jahremitgliedschaft im English Heritage zu erwerben. Wir dürfen nun alle historischen Stätten in England umsonst besichtigen, und bekommen Rabatte in Wales und Schottland.

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König Arthus’ Schloss

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Aussicht von der Ruine – und eine Möwe, die vermutlich am Brüten war

 

Anschließend liefen wir auf dem Küstenweg nach Boscastle. Der Weg war „moderat“, fühlte sich teilweise aber schon recht anstrengend an. Wir durchquerten einige tiefe Täler zwischen den Klippen. Die Sicht belohnte aber für die Anstrengung.

Wir erreichten Boscastle am frühen Nachmittag und ergatterten das letzte Zimmer der örtlichen Jugendherberge. Boscastle ist ein hübsches Fischerdorf, zwischen zwei hohen Klippen gelegen. 2004 wurde es in einer Flut zerstört, wurde aber liebevoll restauriert.

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Boscastle Fischerhafen

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Boscastle

Am nächsten Morgen regnete es. Nicht nur nieselig, sondern richtig. Da wir auf dem folgenden Streckenabschnitt einige steile Aufstiege bewältigen mussten, die bei Nässe ziemlich rutschig werden können, nahmen wir den Bus zu unserem nächsten Ziel, Crackington Haven. Als wir im Bus saßen, schien plötzlich wieder die Sonne. Es ist, als ob das Englische Wetter sich über uns lustig machen will. Wir erreichten Crackington Haven am frühen Mittag und kamen uns ziemlich dämlich dabei vor, in unserem bereits gebuchten BnB anzurufen und zu fragen, ob wir auch früh einchecken können. Unsere Gastgeber, Johnny und Annie, ein älteres Ehepaar, bereits in Rente und alteingesessene Cornwaller (nennt man die so?), waren wundervoll, sie hatten eine Menge Vorschläge für kürzere und längere Spaziergänge entlang des Küstenweges. Es fühlte sich an, als würden wir bei Freunden übernachten. Um wenigstens ein bißchen was zu laufen, entschieden wir uns für einen Rundgang, der einen Teil des Küstenweges in die Richtung enthielt, in die wir nach Crackington Haven gekommen wären. Es wehte ein ziemlich kräftiger Wind oben auf den Klippen. Die Aussicht war aber wieder atemberaubend. Außerdem habe ich – endlich – Shetties gesichtet. Und sogar eine Kreuzotter!

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Küste in der Nähe von Crackington Haven

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Klettern zum Strand

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Shetties!

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Eine Kreuzotter!!

Am nächsten Morgen regnete es ausnahmsweise mal nicht. Zumindest noch nicht, als wir losliefen. Wir hatten den Bus in Richtung Bude genommen, um uns mal wieder einen anstrengenden Part zu sparen, und stiegen ein paar Meilen vor unserem Ziel aus, um den Rest zu laufen. Natürlich regnete es, während wir liefen. Nicht genug, um richtig zu durchnässen, aber genug, um zu nerven. In Bude machten wir nicht mehr sonderlich viel, suchten uns ein Zimmer in einem Hostel, kümmerten uns um Wäsche, gingen Essen (Indisch, sehr lecker). Das wars im großen und ganzen.

Die nächsten zwei Streckenabchnitte sollen äußerst anstrengend und schlecht erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln sein. Also keine Ahnung, wie es weitergeht, die Motivation ist nach den ersten zehn Tagen irgendwie im Keller. Vielleicht wird uns eine kleine Pause gut tun. Morgen wird auch Dennis, der uns eine Woche lang begleitete, verlassen, also sind wir dann wieder zu zweit. Schaun mer mal…

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